Am Freitag, dem 20. Februar 2004 überreicht Herr Thomas Böse von der Zweigstelle Ergste der Stadtsparkasse Schwerte dem Vorstand des Heimatvereins Ergste e.V. einen Scheck in Höhe von € 2.000,-- für den Erhalt und die Neuaufstellung der historischen Ergster Grabsteine.

In der letzten Woche fand eine Besichtigung der Steine durch Herrn Dr. Reinke vom Bereich praktische Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe aus Münster statt. Herr Dr. Reinke erklärte dem Vorstand des Heimatvereins, dass es sich bei den Steinen um einige der wenigen noch vorhandenen Belege in Europa für die protestantisch bürgerliche Grabsteinkultur handelt. Es gibt ähnliche Steine nur in Dortmund-Syburg, Dortmund-Aplerbeck, Bochum-Stiepel und einige im Märkischen Sauerland. Zwei solcher Steine sind in Herford, sonst findet man diese Belege nur noch in England. Die Seltenheit der Steine in Europa und die Einmaligkeit für die Ergster Dorf- und Familiengeschichte zeigen, wie wichtig es ist, das diese Exponate erhalten bleiben und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Dies ist aber nur möglich, wenn viele mithelfen, wie die Stadtsparkasse, die Familie Hengstenberg aus Esslingen, die Freunde des Bierhofes und viele Einzelspender, denn diese Aufgabe kann der Heimatverein Ergste nicht allein erfüllen.

Deshalb hier noch einmal unser Konto Nr. 9510298 bei der Stadtsparkasse Schwerte (BLZ 441 524 90)
Stichwort 201E; Ergster Grabsteine 2010; .

Einen ausführlichen Bericht finden Sie hier - 'Die Bierstraße' in Ergste

Die Bierstraße hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr verändert. Das Straßenniveau war in den 50-iger Jahren ungefähr 1 m tiefer, aber lassen wir Prof. Otto Bierhoff sprechen, der um 1950 die Bierstraße wie folgt beschreibt: " Rechter Hand schiebt sich an die Kreuzung ein erst wenig dann stärker ansteigender Hügel von behäbiger Breite, den die Bierstrasse je weiter südlich desto tiefer spaltet. Allmählich mutet der Weg, der anfänglich von einigen Bauernhäusern gekrönt ist, wie eine Schlucht an, die sich fast 150 m aufwärts zieht. Die alten Ergster kennen immer noch ihren alten Flurnamen "Im Deitert". Nun verflacht die Schlucht, linker Hand wölbt sich ein Gelände, "der Hemesoth", das einst einen heute verschwundenen Hof trug, und wo sie endlich in die geneigte Hügelfläche bündig ausläuft, liegt zur Rechten auf dem westlichen Hang und leicht zurückgeschoben ein ansehnliches Gehöft, der Bierhof. Er ist die letzte Wohnstätte auf dem Berge, denn weiterhin leiten Äcker in nicht allzu großer Ferne zum Rande des mächtigen alten Lürwaldes über. In die linke Schluchtwand bei dem Hofe ist ein von starken Steinquadern bewehrtes kleines Portal eingelassen, das ein kleines Berggelass verschließt." Das Berggelass ist der heute noch vorhandene Eiskeller.

Der Bierhof der dem alten Hohlweg den Namen gab gehört mit zu den ältesten Ergster Höfen. Mit einer Urkunde vom 16. August 1317, mit der ein Streit zwischen dem Stift Meschede und der Witwe des Dietrich von Ergste beigelegt wurde, wird er erstmals urkundlich erwähnt. Was war geschehen? Dietrich von Ergste, ein Nachkomme der 1173 erwähnten Kirchenministeralen von Ergste hatte es verstanden, da Meschede weit, und der dazwischen liegende Lürwald tief und dunkel war, seine Abgaben an das Stift nicht mehr zu leisten und damit in Vergessenheit zu geraten. Nach seinem Tod hatte man dies entdeckt und seine Witwe und Ihre Erben nach Soest vor das Gericht geladen. Die Kirche behandelte die Witwe entgegen den Erwartungen sehr milde, sie wurde nur zur Zahlung der Rente in alter Höhe verpflichtet.-

60 Jahre nach dem Gericht von Soest besitzt den Bierhof Frederwyne van Weyschede. Dieser verkauft am 9. Juni 1381 vor Hinrich Bosevord, einem Hogreven (Gaugrafen) zu Limburg, seinem Bruderssohne Rotger "den Beyrhof die gheleghen ys to ergeste in deme dorpe".

Am 12. November 1431 stellt Dyderich van der Recke , ein Ritter, dem Probst zu Meschede den Lehnsrevers über seine Belehnung mit dem Bierhofe aus.

1501 gelangt Evert II. von der Mark auf Villigst in den Besitz des Bierhofes.

Bisher wurde die Geschichte des Bierhofes ausschließlich von den Angehörigen des Adels beherrscht, wir können diese Periode als die "standesherrliche" bezeichnen. Jetzt schließt sich seit 1461 die "bäuerliche" Periode an. Von diesem Zeitpunkt an wird der Hof nicht mehr nur Bierhof genannt sondern es taucht der Name "Deterdes Hove" (Deytert) auf. Der Name Bierhof wird auch in den Urkunden einhundert Jahre lang verdrängt. Der Name Deytert wird in Ergste selbst entstanden sein. Wo Ergster Bauern, die den Hof kannten, untereinander oder vor dem Gericht in Elsey nur den Namen Deytert verwendeten. Bierhof sagte ihnen nichts mehr. Was für Westfalen eigenartig ist, ist die Tatsache, das der Bauer auf dem Hof nicht den Hofnamen erhielt, weder aus Dietrich noch aus Hannes Lürmann wurde ein Bierhof. Der Name Lürmann beherrscht aber nur bis zum Tode des letzten Namensträgers das Feld. Sofort heißt es wieder Deytert, denn ein ortsfremder mit Namen Romberg hat auf den Hof eingeheiratet und stirbt als "Deytert auf der Deytert".

Erst nach dem der Hof seines ihm verbunden Geschlechtes beraubt ist (1561), tritt ein Engelbert Bierhoff auf, er gilt als erster Träger diese Personennamens (1573).

Doch zurück zum 12. November 1541 an diesem Tag heiratet Barbara Lürmann den Johann Romberg aus Tiefendorf. Zu Diesem Zeitpunkt ist der Hof schon lange hoch verschuldet, die beiden übernehmen eine Schuld von ungefähr 85 Goldgulden. Diese Summe mag nicht hoch erscheinen, doch für 90 Goldgulden konnte man 1535 150 Malter = fast 500 Zentner Hartkorn (halb Roggen, halb Gerste) kaufen. Hauptgläubiger ist Jürgen von Westhofen mit 65 Goldgulden. Am 11. November 1542 nehmen die Eheleute Johann und Barbara, die sich in einer ausweglosen Situation befinden noch einmal 80 Goldgulden auf, die höchste Summe, die je auf den Hof aufgenommen wurde. Damit verdoppeln sie ihre Schuld und auch hier ist der Hauptgläubiger Jürgen von Westhofen.

Im Jahre 1550 ist die Gesamtschuld, die auf dem Bierhof liegt auf 234 ¾ Goldgulden angewachsen. Wenn man vergleicht, das das Thygut in Ergste, das zu den Vollpflügern gehörte, d.h. zu den größten Bauern des Kirchspiels, im Jahre 1545 für 200 Goldgulden seinen Besitzer wechselte kann man ermessen, wie beispiellos diese Schuld ist. Fünf Jahre Galgenfrist bleiben Johann und Barbara Romberg noch, dann geht der Hof in des Besitz des "ehrenfesten" Jürgen von Westhofen über. Und zwar am 22. April 1561. Die sechs Kinder erhalten Vormünder und müssen Verzicht leisten.Sie erhalten den Verzichtpfennig – wo sie geblieben sind läßt sich bisher nicht feststellen.

Im Jahre 1585 ist "mester Henrich op dem berhove" der Nachfolger von Engelbert Bierhoff. Am 20. Juni 1610 gibt es nur noch die "Widwe Berhoffe" und ihre unmündige Tochter Elske Bierhoff. Während des 30-jährigen Krieges wird der Bierhoff mehrfach als "wüst" = unbewirtschaftet bezeichnet, ob wohl zwischen 1618 und 1641 der blinde Junker Jörg von Romberg vom Haus Berchum als Pächter des Hofes erwähnt wird. Dieser obwohl blind, ging in den Ergster Wäldern und der Feldflur sehr zum Verdruß der Bauern, seiner unbändigen Jagdleidenschaft nach und verwüstete ihnen mit Hunden und Pferden die Felder. Den Hof bewirtschaftete er mit Hilfe des "alten Schulte" und einer Haushälterin, mit der er 9 – 10 Kinder gezeugt haben soll. Als Pastor Henrich Hengstenberg am 3.09.1635 das Testament des Junker Jörg aufsetzt ist allerdings nur die Rede von 5 Kindern und deren Mutter Marie, die er, wie er seiner Mutter versprochen habe, ehelichen werde – aber erst nächsten Mittwoch.

Gestorben ist Junker Jörg in der ersten Hälfte des Jahres 1641. Ob er Marie geheiratet hat ist leider nicht überliefert. Nach seinem Tod ca im Jahre 1643 ist Elsken Bierhoff mit ihrem Ehemann Henrich Weischedt genannt Bierhoff auf dem Hof. 1666 trägt deren Tochter Catharina Weischedt-Bierhoff zu Ergste zur Rettung der Grafschaft Limburg bei. Der Rittmeister Jan von Schwansbell bezieht für 4 Monate Quartier in Ergste. Die Besetzungskosten in Höhe von 740 Reichstalern können nicht aufgebracht werden. Schließlich findet man Darlehnsgeber, darunter die 6-jährige Bauerntochter Catharina, die 50 Taler zu der Summe beisteuert. Die Grafschaft und Ergste sind gerettet.

Die Familie Bierhof hat noch bis ungefähr 1920 auf dem Bierhof gelebt. Nach ihnen gab es viele Besitzerwechsel bis heute. Ein Bauernhof ist der Bierhof schon lange nicht mehr. Das Wohnhauses, das Backhauses und der Eiskellers mit dem Brunnen davor sind restauriert und wie man auf dem Bild sehen kann in sehr gutem Zustand.

Schwerte, den 15. August 2004

Roswitha Bliese

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„Die Bierstraße“ in Ergste